Facebook ist KEIN rechtfreier Raum:

Wixxer, faules Schwein über den Vorgesetzten zu äußern, kann den Arbeitsplatz kosten.

Mal ganz davon abgesehen, dass ich diese Schimpfworte nicht mag, kann, wie immer in solchen Fälle, nur wiederholt werden: Nicht alles was man denkt, sollte man in öffentlichen Netzwerken schreiben. Dafür gibt es dann das gute alte Telefon. Wer das nicht begreift, dem kann dann wohl auch nicht mehr geholfen werden. Zum Urteil des Arbeitsgerichts Hagen: Beleidigungen des Vorgesetzten auf der eigenen Facebook-Pinnwand können auch ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen. Solche Äußerungen sind eben nicht vertraulich, insbesonderne nicht wenn ebenfalls Betriebsangehörige  als FB-Freunde diese lesen können. Der Arbeitnehmer kann sich hierbei nicht auf den Schutz seiner Privatsphäre berufen.

Dies gilt betreffend einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung selbst wenn der Mitarbeiter über 30 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt war und ob seines Lebensalters nicht mehr so schnell einen neuen Job finden wird. Vorliegend hatte sich der Arbeitnehmer auf seiner Pinnwand, auf die sämtliche FB-Freunde (darunter auch Mitarbeiter des Arbeitgebers) Zugriff hatten, über seinen Vorgesetzten wie folgt geäußert.

„hi M1, mir geht’s gut, und dir hoffe ich auch. Habe mich über diesen scheiss G1 geärgert hat mir zwei abmahnungen gegeben innerhalb von drei monaten wegen rauigkeit. Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren über diesen wixxer bin 32jahre hier dabei und so ein faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben gibt mir zwei abmahnungen, da hat er sich im falschen verguckt diese drecksau naja sag mal bis bald“  

Daraufhin antwortete der „Freund“ des Klägers, M1 R2, am 21.11.2011 um 7.20 Uhr folgendes: „Morgen! Das gibt’s ja gar nicht! Das hätte ich echt nicht vom G1 gedacht! Und wie geht’s den anderen so? G4 jetzt mit dabei? Der Kläger antwortete hierauf am 23.11.2011 um 6.21 Uhr: „hi, M1 denen geht’s allen gut G4 an der 430, F3 lernt walzen, ja und ich darf wieder an die 440 S4 einbinden son scheiss. Naja melde dich mal wieder wünsch dir noch was bis die Tage by by“.

Hieraufhin antwortete wiederum Herr R2 am 25.11.2011 um 13.37 Uhr:“Echt? F3 lernt Walzen? Krass! Na da hat der G1 ja schnell Ersatz gefunden für mich: -(Hat der M3 noch was gesagt? Der hat sich ja auch einfach verpisst! Grüß alle!“

Worauf der Kläger wiederum am 26.11.2011, um 7.37 Uhr, antwortete „hi, moin moin M1 M3 hat nichts gesagt der G1 auch nicht sonst ist alles beim alten, der G1 hat wahrscheinlich einen draufbekommen wegen mir die personalabteilung hat ihn angerufen, weil ich mich angeblich über ihn beschwert haben soll. War noch garnicht nda bei der personalabteilung, aber egal schadet ihm garnichts, soll er mal ein bisschen von seinem hohen ross runterkommen der doofmann. 430 läuft nur noch eine schicht, nur frühschicht, werde wohl erstmal an der 440 bleiben. Wie sieht’s bei dir aus alles gut hast wieder einen job, wird schon klappen wünsch dir jedenfall viel glück dabei, bist ja noch jung also bis bald hoffe heute das BVB gewinnt. Hab mir sky bundesliga bestellt ist nicht so teuer kostet um die 24,ooeuro sind noch andere sender im packet, so muss mal bis bald meld dich mal wieder by by“.

Aufgrund dieser vorgenannten Äußerungen hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos und hilfweise ordentlich verhaltensbedingt gekündigt. Hiergegen hat der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage eingereicht, mit der Begründung, sein Vorgehen erfülle nicht den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB, da die ihm vorgeworfenen Äußerungen nur aufgrund eines Bedienfehlers auf die Pinnwand gelangt seien, tatsächlich habe er die Äußerungen im „Chat-Modus“ lediglich in einem persönlichen Gespräch mit seinem „Freund“ M1 R2 tätigen wollen. Wie es zu der Veröffentlichung auf der Pinnwand gekommen sei, sei ihm nicht mehr nachvollziehbar. Er sei generell in Bezug auf die Benutzung des Internets, speziell des sozialen Netzwerks Facebook, unsicher. Weil es sich also mehr um eine beleidigende Äußerung im privaten Bereich gehandelt hätte, sei der Tatbestand der §§ 185 ff. StGB nicht erfüllt. Hinzu komme, dass der Vorgesetzte G1 unstreitig nicht zu seine „Facebook-Freunden“ gehöre, er von ihm nicht selbst angesprochen wurde und der Vorgesetze auch keinen Zugriff auf seine Pinnwand hätte.

Im Privatbereich getätigte beleidigende Äußerungen in Bezug auf eine dritte Person könnten keinen wichtigen Grund für eine arbeitgeberseitige Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ergeben. Zudem sei sein Alters und seine lange Betriebszugehörigkeit zu werten, die eine außerordentlichen Kündigung entgegen stehen. Die außerordentliche Kündigung ist vom Gericht dann auch  u.a. deshalb verneint worden, weil im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Interessenabwägung das Alter des Klägers und die sehr lange Betriebszugehörigkeit zu dessen Gunsten gewertet worden sind und er zu keinem Zeitpunkt während des Arbeitsverhältnisses zuvor eine Abmahnung erhalten hatte.

ABER: Das Gericht hat eindeutig festgestellt, dass die grobe Beleidigung des Vorgesetzen in der „Öffentlichkeit“ einer Pinnwand auch einen wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Eine solch grobe Beleidigung im Sinne einer ehrverletzenden Äußerung außerhalb eines rein vertraulichen Gespräches unter vier Augen mit einem Kollegen muss nicht hingenommen werden. Veröffentlicht man solche Äußerungen auf seiner Pinnwand kommt dies einem Aushang am „Schwarzen Brett“ des Betriebs gleich, insbesondere wenn sich unter den Facebookfreunden viele Kollegen befinden. So hat das Gericht ausgeführt: „In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass grobe Beleidigungen insbesondere des Arbeitgebers oder seiner Vertreter, oder auch von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw. die Betroffene bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bedeuten und eine außerordentliche, fristlose Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung rechtfertigen können.

Es entspricht ständige Rechtsprechung des BAG, dass diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen unter bestimmten Umständen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen können. Der Arbeitnehmer darf in solchen Fällen regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen getragen und der Betriebsfrieden nicht gestört bzw. das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien nicht zerstört. Diesen Schutz der Privatsphäre und auch der Meinungsfreiheit kann jedoch nicht der Arbeitnehmer für sich in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit aufhebt, so dass die Gelegenheit für Dritte, seine Äußerungen wahrzunehmen, ihm zurechenbar wird.

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit hat regelmäßig zurückzutreten, wenn sich die beleidigende Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellt. Für eine grobe Beleidigung als Kündigungsgrund kommt es letztlich nicht auf die strafrechtliche Wertung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung einhergehenden Vertrauensbruch und damit die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.“ Auszüge aus dem Urteil des Arbeitsgericht Hagen, 3 Ca 2597/11 vom 16.05.2012: „Wenn der Kläger, wie er selbst vorträgt, generell in Bezug auf die Nutzung des Internets, speziell des sozialen Netzwerks Facebook, unsicher ist, hätte er sich, bevor er die hier relevanten Äußerungen an seine Pinnwand postete, vergewissern müssen, dass dies in dieser Weise nicht geschah, sondern sie nur im „Chat-Modus“ an Herrn M1 R2 versendet wurden.

Indem er dies offenbar nicht getan hat, hat er zumindestens bedingt vorsätzlich die Texte an seine Pinnwand gepostet, da er dies für möglich halten musste und billigend in Kauf nahm.“

Das gesamte Urteil kann hier nachgelesen werden: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/arbg_hagen/j2012/3_Ca_2597_11urteil20120516.html

 
Rechtsanwältin Simone Weber, München
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