Rechtsprechung, aktuelle Urteile  Stand 13.05.2011

  • ARBEITSRECHT

1. Keine Kündigung wegen bereits abgemahnten Verhaltens desselben Sachverhaltes

Wurde ein Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber wegen einer Straftat abgemahnt, so kann der Arbeitgeber nachdem der Arbeitnehmer wegen dieser Straftat verurteilt worden ist, auf Basis dessen keine Kündigung mehr aussprechen. Dies gilt selbst dann, wenn die in der Straftat enthaltene Pflichtverletzung auch ohne Abmahnung eine Kündigung gerechtfertigt hätte. Mit einer Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber auf sein Kündigungsrecht betreffend dieser Pflichtverletzung. -LAG Berlin-Brandenburg 28.4.2011, 25 Sa 2684/10-

2. Verpflichtung zur Ausfüllung und Übergabe der Lohnsteuerkarte an den Arbeitnehmer ist gegenüber dem Arbeitgeber mit Zwangsgeld, Zwangshaft durchzusetzen

Die Verurteilung des Arbeitgebers, eine Lohnsteuerkarte auszufüllen, zu unterschreiben sowie zu stempeln und diese an den Arbeitnehmer herauszugeben, stellt eine unvertretbare Handlung dar und ist dementsprechend durch Festsetzen eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, zu vollstrecken -LAG Berlin-Brandenburg, 04.04.2011 – 17 Ta 429/11-

  • MIETRECHT

1.Verjährung von Ansprüchen

Wenn der Mieter in Unkenntnis einer unwirksamen Renovierungsklausel in seinem Mietvertrag Schönheitsreparaturen am Ende des Mietverhältnisses durchgeführt hat, so verjähren Ersatzansprüche des Mieters hieraus gegenüber dem Vermieter in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses, § 548 Abs. 2 BGB. -BGH 4.5.2011, VIII ZR 195/10-

2. Minderungen sind auch bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung zu berücksichtigen

Minderungsbeträge von Miete sind bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung zu berücksichtigen. Grundsätzlich wird von der Bruttomiete (Miete einschließlich aller Nebenkosten) gemindert. In diesem Fall einer Minderung dürfen bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung die anteilig geminderten Betriebskostenvorauszahlungen nicht dem ungeminderten Jahresbetrag der Betriebskosten gegenüber gestellt hat. Vielmehr muss auch der Jahresbetrag der geschuldeten Betriebkosten entsprechend der Minderung reduziert werden.

Die einfachste Berechnung ist in diesen aber Fällen, dass die im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der Mieter der geschuldeten Gesamtjahresmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zzgl. der abgerechneten Betriebskosten abzgl. des in dem betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrags) gegenübergestellt werden. Beispiel: Mieter schuldet mtl. € 800,00 Kaltmiete zzgl. Betriebskostenvorauszahlungen € 100,00: Warm € 900,00. Mieter mindert mtl. 10% über einen Zeitraum von 12 Monaten, also mtl. € 90,00. Jährlich gezahlt worden sind insg. € 900,00- 90,00= € 810,00 x 12 = 9.720,00. Faktisch schuldet der Mieter jährliche Kaltmiete € 800 x 12- € 9.600,00. Aus der Betriebskostenabrechnung ergibt sich Jahresbetrag an Betriebskosten zur Zahlung in Höhe von 1.500,00. Somit eine Warmmiete insg. für das Jahr in Höhe von € 11.100,00. Von diesem Betrag könnte der Mieter 10% mindern, also € 1.110,00. Der Mieter schuldet dem Vermieter eine Jahresmiete in Höhe von € 9.990,00. hierauf hat der Mieter gezahlt € 9.720,00. Der Mieter schuldet dem Vermieter also an Betriebskostennachzahlung noch € 270,00. -BGH 13.4.2011, VIII ZR 223/10-

3. Kosten der Gartenpflege

Wenn ein Vermieter dem Mieter die Gartenpflege überlasst, so kann der Vermieter dem Mieter nicht im Einzelnen vorschreiben, wie der Garten zu gestalten ist. Wenn der Mieter allerdings seiner vertraglichen Verpflichtung zur Gartenpflege nicht nachkommt, kann der Vermieter eine Firma beauftragen und den Mieter mit den Kosten belasten. -Landgericht Köln, 21.10.2010,Az.: 1 S 119/09

  • SONSTIGES

1. Ärztliche Honorarvereinbarungen und private Kostentragungspflicht

Bei einer ärztliche Honorarvereinbarung mit gesetzlich Versicherten muss der ausdrückliche Wunsch des Patienten nach privatärztlicher Behandlung enthalten sein. Dies bedeutet, dass der Patient diese privatärztliche Behandlung mit eigener Kostentragungspflicht ausdrücklich vor Behandlungsbeginn verlangt haben muss und dies dem Arzt auch so schriftlich bestätigt wurde. Nicht ausreichend ist es, wenn in einer Honorarvereinbarung nur darauf hingewiesen wird, dass die Abrechnung gemäß der ärztlichen Gebührenordnung erfolgt, bestimmte Steigerungssätze vereinbart sind und eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht bzw. nicht in vollem Umfang gewährleistet ist.

Aus einer solchen Vereinbarung gehe nicht hervor, dass der Versicherte trotz bestehenden gesetzlichen Versicherungsschutzes ausdrücklich eine privatärztliche Behandlung wünscht. Da dem Versicherten aber eindeutig zu machen sei, dass er in diesem Fall Kosten selbst tragen muss, ist dies notwendig. – AG München, 28.04.2011, Az. 163 C 34297/09-

2. Kostenpflichtige Auskunftsgebühr Finanzamt

Die  Wertgebühr, die das Finanzamt für die für die Bearbeitung von Anträgen auf verbindliche Auskünfte erhebt ist verfassungsgemäß. Dies gilt selbst wann wenn sie sehr hoch ausfällt und soweit ihre Höhe sich nach für die Bearbeitung des Antrags benötigte Zeit richtet. -BFH, 30.3.2011, Az. I R 61/10-

3. Keine zwangsläufige Haftung des Inhaber eines eBay-Mitgliedskontos für unbefugte Nutzung seines Accounts durch Dritte und damit zusammenhängende Bestellungen

Wenn ein Dritter unter unbefugter Verwendung eines Mitgliedkontos des Inhabers des Ebaykontos einen Vertrag abschließt, so haftet der Inhaber nicht automatisch. Die Grundsätze der Stellvertreterhaftung sind auch auf  Internetgeschäfte anwendbar, so auch die Anscheinshaftung, wenn durch die Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden. Allein die nicht sorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos hat nicht automatisch zur Folge, dass der Inhaber des Kontos sich die von einem Dritten unter unbefugter Verwendung dieses Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen muss. BGH, 11.05.2011, Az.: VIII ZR 289/09

4. Telekom muss Fünfjährigem Auskunft über Vater geben

Telekom muss einem Fünfjährigen mitteilen, wer sein vermeintlicher Vater ist. Das Kind entstand  aus einer Liebesaffäre der Mutter, von dem Mann hatte diese aber nur den Vornamen und die Handynummer. – AG Bonn, 104 C 593/10- Also immer die Handynummer geben lassen 😉

5. Keine Kostenpflicht für Kunden bei zwangsweiser Übersendung von Kontoauszügen

Banken die ihre Kunden Kontoauszüge ohne Aufforderung durch den Kunden zusenden, dürfen hierfür kein Entgelt verlangen. Eine Bank muss Kunden mindestens einmal im Monat kostenfrei über Zahlungsvorgänge auf dem Konto informieren, online, per Auszugsdrucker oder Zusendung von Auszügen.

– LG Frankfurt am Main, 08.04.2011, Az. 2-25 O 260/10 –