Teil 2 Betriebsübergang
Im Teil 1 Betriebsübergang hatte ich Ihnen erläutert, was es für Sie als Arbeitnehmer bedeutet, wenn das Unternehmen oder eine Abteilung des Unternehmens verkauft werden sollen. Ich habe erklärt, wann überhaupt ein Betriebsübergang oder nur ein Teilbetriebsübergang vorliegt. Wie Sie hierüber vom Arbeitgeber informiert werden müssen. Welche Rechte Sie als Arbeitnehmer haben, z.B. wenn Sie falsch informiert worden sind und ob Ihnen unter Umständen sogar eine Kündigung droht. Ob Sie dem Übergang widersprechen sollen und welche Folgen dies hätte etc.
Jetzt werden nachstehend die häufigen Fragen geklärt, inwieweit eigentlich im Falle eines Betriebsübergangs der Betriebsrat zu beteiligen ist und was mit für Sie günstigen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen passiert, die bei dem bisherigen Arbeitgeber bestanden haben. Gelten diese weiter, in welcher Form und falls ja, können dies auch durch den neuen Arbeitgeber geändert werden?
Gibt es die Verpflichtung einen Sozialplan aufzustellen und welchen Inhalt hätte ein solcher?
Geht ein gesamter Betrieb gemäß § 613 a BGB über, stellt dies keine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung gemäß § 111 Betriebsverfassungsgesetz dar. Deshalb kann der Betriebsrat in diesen Fällen keine Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder die Aufstellung eines Sozialplans verlangen.
Anders stellt es sich bei Teilbetriebsübergängen dar, s.o. Denn ein Teilbetriebsübergang ist in der Regel eine Betriebsaufspaltung oder der Zusammenschluss des übergehenden Betriebsteils mit dem aufnehmenden Betrieb und damit eine eine interessenausgleichs- und sozialplanpflichtige Betriebsänderung gemäß § 111 S.3 Nr. 3 BetrVG und der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht in dieser wirtschaftlichen Angelegenheit. Also besteht die Pflicht zu Interessenausgleichsverhandlungen und zur Aufstellung eines Sozialplans. Erzwungen werden über den Spruch der Einigungs-stelle kann in diesem Fällen ein Sozialplan, der die negativen Folgen aus der Betriebsaufspaltung oder Zusammenlegung ausgleicht, wie z.B. erhöhte Fahrkosten. Garantieerklärung, die die Arbeitsplätze sichern sollen, wie die Verpflichtung, im Falle des Ausspruchs betriebsbedingter Kündigung durch den Erwerber binnen einer bestimmten Frist nach dem Betriebsübergang die gekündigten Arbeitnehmer wieder in den alten Betrieb aufzunehmen bzw. dort weiter zu beschäftigen, können aber nur auf freiwilliger Basis erreicht werden .
Welche rechtlichen Folgen hat ein Betriebsübergang für Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen?
Arbeitnehmer, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, aber in deren Arbeitsvertrag von Anfang an bereits Bezug genommen worden ist auf einen bestimmten Tarifvertrag, der für das Arbeitsverhältnis gelten sollen, fallen nicht unter § 613 a Abs. 1 S.2 BGB sondern nur unter § 613 a Abs.1 S.1 BGB: „Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“
Hier bereits eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, der dann auch im Falle des Betriebsübergangs qua bestehendem Arbeitsvertrag weiter aufrechterhalten bleibt. Hier ist nicht erforderlich, dass die Bestimmungen eines Tarifvertrags erst Inhalt des Arbeitsvertrages werden müssen. Sie sind Inhalt des Arbeitsvertrags und dieser Arbeitsvertrag geht mit dieser Bezugnahmeklausel unverändert auf den neuen Betriebserwerber und damit neuen Arbeitgeber über.
Was ist aber, wenn im Arbeitsvertrag hierzu keine Bestimmung getroffen ist, der Arbeitnehmer Mitglied in der Gewerkschaft und der alte Arbeitgeber tarifgebunden, aber der neue Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist?
- 613a Abs.1 Sätze 2 bis 4 BGB besagen hierzu:
„Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.
->Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden.
Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.“
613 a Abs. 1 Satz 2 BGB, auch Transformationsregel und Änderungssperre genannt, schützt den Arbeitnehmer in diesem Fall zumindest für ein Jahr. Sie besagt, dass wenn die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten durch einen Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt sind, so werden sie bei einem Betriebsübergang auch zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise des Arbeitsvertrags zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber als neuem Arbeitgeber. Diese dürfen dann auch nicht innerhalb eines Jahres nach Betriebsübergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden.
Voraussetzung hierfür ist, dass zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs beide alte Parteien des Arbeitsverhältnisses tarifgebunden sind, also der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft Mitglied ist, z.B. in der IG Metall und der alte Arbeitgeber tarifgebunden ist, also entweder mit der Gewerkschaft selbst oder über den Arbeitgeberverband, dem er unterfällt, ein geltender Tarifvertrag abgeschlossen wurde. In diesem Fall gelten die Regelungen des Tarifvertrages zwischen dem alten Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend und diese Rechte soll der Arbeitnehmer im Falle des Betriebsübergangs zunächst nicht verlieren. Im Falle des Betriebsübergangs auf einen neuen Arbeitgeber, der nicht tarifgebunden ist, geltend dann eben zwischen dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen als Bestandteil des Arbeitsvertrages auch zum neuen Arbeitgeber weiter. Eine Änderung der ursprünglichen tarifvertraglichen und nunmehr einbezogenen einzelvertraglichen Bestandteile des Arbeitsvertrags ist zunächst für ein Jahr zugunsten des Arbeitsnehmers ausgeschlossen.
Wann kommt es zu einer Ablösung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen gemäß § 613a Abs.1 Satz 3 BGB?
- 613 a Abs. 1 Satz 3 besagt: „Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden.“
Hier wird also davon ausgegangen, es gelten Tarifverträge/Betriebsvereinbarung sowohl bei dem Betriebsveräußerer als altem Arbeitgeber als auch dem Betriebserwerber als neuen Arbeitgeber, aber diese Tarifverträge unterscheiden sich.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 613 a Abs. 1 Satz 3 ist ebenso wie bei Satz 2 zunächst, dass der Arbeitnehmer Mitglied in der Gewerkschaft ist, die mit dem alten Arbeitgeber oder dem Arbeitgeberverband, dem der Arbeitgeber angehört, einen Tarifvertrag abgeschlossen hat.
Zugleich muss der Arbeitnehmer aber auch Mitglied der Gewerkschaft sein, die mit dem neuen Arbeitgeber den dort geltenden Tarifvertrag abgeschlossen hat. Es muss also Tarifgebundenheit bei allen Beteiligten bestehen.
Des Weiteren muss der Betriebserwerber, also neuer Arbeitgeber nun aber einen Tarifvertrag mit gleichen Regelungsinhalten aber anderen konkreten Bestimmungen abgeschlossen haben, als der bislang für den Arbeitnehmer nicht galt. Der Tarifvertrag des neuen Arbeitgebers enthält z.T. aiuch Regelungen z.B. zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Diese sind aber nicht mit dem ursprünglich geltenden Tarifvertrag zum alten Arbeitgeber identisch, da hier z.B. kürzere Kündigungsfristen vereinbart sind. Dann gilt gemäß § 613 a Abs. S.3 BGB der Tarifvertrag des neuen Arbeitgebers, selbst wenn er für den Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen enthält.
Kann es trotzdem auch bereits vor einem Jahr dazu kommen, dass bislang geltende Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen nicht mehr gelten?
- 613 a Abs. 1 Satz 4 BGB besagt: „Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.“
Eine Änderung der tarifvertraglichen Regelung, die in den Arbeitsvertrag einbezogen worden sind, s.o. § 613 a Abs. 1 S.2 BBG, kann auch bereits vor Ablauf eines Jahres stattfinden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt, weil sie z.B. gekündigt worden ist oder abgelaufen sind. Dann gelten die tairfvertraglichen Regelungen z.B. nur noch im Wege der Nachwirkung, vgl. § 4 Abs. 5 TVG.
Des Weiteren kann auch eine einvernehmliche Änderung zwischen Arbeitnehmer und neuem Arbeitgeber stattfinden, wenn beide nicht mehr tarifgebunden sind und sie sich darauf einigen, dass ein anderweitiger Tarifvertrag Anwendung finden soll als der bislang geltende, der in arbeitvertragliche Inhalte transformiert wurde.