Golf ist keine Kampfsportart- Haftung auf dem Golfplatz für verschlagene Bälle trotz Foreruf


"Herzlichen Dank an eine großartige Anwältin, absolut kompetent, überlegt, geduldig und einfühlsam! Wir haben uns verstanden und sehr gut
aufgehoben gefühlt. Jederzeit gerne wieder. Besten Dank und alles alles Gute für Sie!" Annette Wölfel

Verletzungen auf dem Golfplatz im Visier des Gerichts

Golf ist keine Kampfsportart bei denen infolge typischer sportlicher Härte leichte Regelverletzungen hinzunehmen sind, sondern es gehört zu den sogenannten parallelen Sportarten, bei denen jeder Teilnehmer auf die volle Regeleinhaltung vertrauen darf und seinerseits für Regelverletzungen einzustehen hat.

Beide Parteien waren Mitglieder eines Golfclubs und nahmen an einem Turnier teil. Die Klägerin stand an einem Getränkestand, den die Turnierleitung zwischen den Spielbahnen 9 und 10 aufgebaut hatte. Der Beklagte schlug seinen Ball vom Abschlag Spielbahn 9 in Richtung auf das circa 120- 130 Meter entfernte  Grün des 9. Lochs. Der Ball flog aber eben nicht schnurgerade zum Grün, sondern wich 40- 50 m von der Ideallinie ab- was ja öfters mal vorkommen soll- und es kam wie es kommen musste, der Ball traf die Klägerin an der Hand und es wurde  auf Ersatz von Lohn- und Lohnnebenkosten und Schmerzensgeld geklagt, mit der Begründung, der Ball hätte noch gar nicht geschlagen werden dürfen, da am Getränkestand die Klägerin noch in Reichweite des abzuschlagenden Balles gestanden hätte.

Der Beklagte wendete dagegen ein, die Klägerin habe auf eigene Gefahr gehandelt, er selbst habe nicht rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Beim Golf käme es eben mal vor, dass ein Schlag verzogen werden und der Ball abirre. Außerdem habe er sofort Fore gerufen und die Anforderungen dürften nicht überspannt werden, da sonst die Ausübung des Golfsportes auf vielen Plätzen nicht möglich sei. Er habe ohnehin vom Abschlag die Klägerin nicht gesehen und nicht sehen können. Tatsächlich wurde der Klage z.T. statt gegeben und Ansprüche aus deliktischer Haftung bejaht. Allerdings wurde eine Mitschuld von 1/4 gesehen. Der Beklagte hätte rechtswidrig und schuldhaft dadurch eine Körperverletzung der Klägerin herbeigeführt, dass er den Schlag ausgeführt hat, obgleich sich die Klägerin noch in Reichweite befand.

Dass bei einem Golfturnier ein anderer Teilnehmer von einem wegen eines „verzogenen“ Schlages abirrenden Balles getroffen wird, liegt nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit und ist nicht ganz ungewöhnlich. Der Schutzzweck des §823 BGB erfaßt Körperverletzungen jeglicher Art und schließt Verletzungen im Rahmen sportlicher Betätigungen jedenfalls dann nicht aus, wenn solche Verletzungen nicht durch die Natur des betriebenen Sports herausgefordert werden.

Durch die Teilnahme an einem Golfturnier wird nicht automatisch darin eingewilligt, wenn dies überhaupt zulässig wäre, dass eine solche Körperverletzung stattfindet.

Golf gehört nicht zu den Kampfsportarten, bei denen Körperkontakte und Verletzungen typischerweise eintreten, sondern ist in den Bereich der „parallelen“ Sportausübungen einzureihen (vgl. Storch, Rechtliche Behandlung von Sportverletzungen beim Golfspiel, VersR 89, 1131 ff. m. w. N., OLG Nürnberg NJW RR 1990 1503, 1504). Die eingetretene Verletzung entspricht auch nicht dem, was der Teilnehmer eines Golfturniers als Verwirklichung einer mit der Teilnahme als solcher bereits typischerweise verbundenen Gefahr hinzunehmen hat.

Der Beklagte hat schuldhaft gehandelt und muss für einfach Fahrlässigkeit einstehen. Golf zählt nicht zu den Kampfsportarten, bei denen infolge typischer sportlicher Härte leichte Regelverletzungen hinzunehmen sind, sondern zu den sogenannten parallelen Sportarten, bei denen jeder Teilnehmer auf die volle Regeleinhaltung vertrauen darf und seinerseits für Regelverletzungen einzustehen hat. Der Beklagte hat schuldhaft gehandelt, da er verfrüht geschlagen hat. Er hätte den Ball nicht schlagen dürfen, weil er nicht sicher sein konnte, die Klägerin nicht zu gefährden.

Diese sich bereits allgemein aus den §§ 823,276 BGB ergebende Pflicht entspricht auch den „Etikette“ genannten Regeln des Golfspiels wonachvorausgehende Golfer außer Reichweite sein müssen bevor man schlägt. Die Klägerin am Getränkestand stand in Reichweite des Balles. Eine schon relativ geringe Abweichung des Balles von der idealen Linie mußte die Klägerin und ihre Mitspielerinnen gefährden, insbesondere weil ein derartiges „Verziehen“ des Balles mit einer solchen Abweichung beim Golfspiel nicht völlig ungewöhnlich ist und zu dem gehört, womit jeder Golfspieler rechnen muß. Der Beklagte hätte den Ball nicht abschlafen dürfen, bevor er nicht sicher sein konnte, daß die Klägerin sich aus der Reichweite des abgeschlagenen Balles entfernt hatte.

Da der Beklagte zu einem Zeitpunkt geschlagen hat, als die Klägerin die Bahn 9 gerade erst verlassen hatte und sich gerade erst dem Getränkestand neben der Bahn 9 auf dem Wege zur Bahn 10 zugewandt hatte, konnte der Beklagte die Klägerin zwar nicht sehen, musste aber damit rechnen, dass die Klägerin sich noch in Reichweite befand. Er hätte länger warten müssen oder sich durch einige Schritte nach rechts vergewissern müssen, daß die Damengruppe außer Reichweite war. Er hätte auch seine Mitspieler fragen können. Die Möglichkeit des Forerufes entbindet ihn nicht von dieser Pflicht. Er konnte nicht davon ausgehen, daß die Klägerin einen solchen Warnruf hören und unfallverhütend werde reagieren können.

Das gilt insbesondere dann, wenn entsprechend der Darstellung des Beklagten wechselseitiger Sichtkontakt nicht bestand. Die Klägerin hatte mitgeteilt, sie habe keinen Warnruf gehört. Das ist nicht unglaubhaft, denn die Entfernung vom Abschlag zum Standort der Klägerin war mit rund 130 m erheblich. Es liegt auch nicht fern, daß sich die Damen unterhalten haben und deshalb einen Warnruf nicht wahrgenommen haben. Im übrigen erschwerte der Umstand, daß eine wechselseitige Sicht nicht bestand, eine wirksame Reaktion auf einen etwaigen Warnruf.

Die Klägerin trifft aber eine Mitschuld, denn sie hat die Vorsicht nicht beachtet, die von ihr in der konkreten Situation vernünftigerweise im eigenen Interesse zu erwarten war. Sie wußte, daß in dichter Folge gespielt wurde und daß die Herrengruppe darauf wartete, möglichst rasch schlagen zu können. Sie wußte ebenso wie der Beklagte um die Gefahren eines „verzogenen“ Schlages und hatte sich gleichwohl als erfahrene Golfspielerin freiwillig auf diese Gefahr, die im Rahmen eines Turniers auf einem ihr bekannt engen Platz erhöht war, eingelassen.

Es hätte der gebotenen Vorsicht entsprochen, während des Ganges zum Getränkestand die dicht nachfolgende Gruppe im Auge zu behalten und auf Warnrufe zu achten, um notfalls einem abirrenden Ball auszuweichen zu können oder sich jedenfalls durch ein Abwenden von Verletzungen schützen zu können. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte sie ihre Verletzung vermieden. Unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile stufte das Gericht den dem Beklagten zuzurechnenden Anteil wesentlich höher ein als den der Klägerin. Von seinem Schlag ging die Gefahr aus; ihm oblag es in erster Linie, andere nicht zu gefährden. Die Klägerin hat lediglich in relativ geringem Maße den typischen Golfgefahren nicht hinreichend Rechnung getragen.

Unter diesen Umständen hielt das Gericht die Quotierung der Ansprüche im Verhältnis 1:3 zu Lasten des Beklagten für sachgerecht. OLG Hamm, 13.01.1997, 6 U 179/96

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