Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltgleichheit


"Herzlichen Dank an eine großartige Anwältin, absolut kompetent, überlegt, geduldig und einfühlsam! Wir haben uns verstanden und sehr gut
aufgehoben gefühlt. Jederzeit gerne wieder. Besten Dank und alles alles Gute für Sie!" Annette Wölfel

Entgeltgleichheit- Jetzt könnte es für Arbeitgeber teuer werden

Die Entgeltgleichheit ist nicht erst seit gestern ein Thema. Das Gebot dessen ergibt sich bereits aus dem Grundgesetz (GG), Art. 3 Abs. 2 und 3. Es existiert ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und seit über 5 Jahren ein Entgeltransparenzgesetz (EntgTranspG).

Höhere Hürden für Arbeitgeber durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 21. Januar 2021, Az. 8 AZR 488/19, die Hürden für Arbeitgeber aber deutlich höher gelegt unterschiedliche Gehälter an Frauen und Männer zu zahlen.

Festgestellt wurde, dass eine Frau grundsätzlich für gleiche oder gleichwertige Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt hat wie ihre männlichen Kollegen, wenn der Arbeitgeber diesen aufgrund deren Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Bessere Verhandlungsfähigkeit von Männer stellt kein objektives Kriterium einer Differenzierung dar.

Die Zahlung eines niedrigeren Grundentgelts begründet bereits die Vermutung entsprechend § 22 AGG, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Zudem liegt darin ein Verstoß gegen das Verbot der Entgeltbenach-teiligung wegen des Geschlechts vor, §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG.

§ 22 AGG beinhaltet eine Erleichterung der Darlegungslast für die benachteiligten Frauen und insbesondere eine Umkehr der Beweislast zu Lasten der Arbeitgeber.

Um die Vermutung bzw. den Anschein einer unmittelbaren Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ im Sinne von § 22 AGG zu begründen, reicht es aus, wenn die Frau vorträgt und im Bestreitensfall auch beweisen kann,

  • dass gleiche beziehungsweise gleichwertige Arbeit vorliegt, die Frau und Mann gleichermaßen verrichten,

und

  • der Arbeitgeber der Frau ein niedrigeres Entgelt zahlt als einem vergleichbaren männlichen Arbeitnehmern.

Der Arbeitgeber muss dann vollumfänglich beweisen, dass kein Benachteiligungsverstoß vorliegt, also

  • die Entgeltbenachteiligung der Frau nicht wegen des Geschlechts erfolgte, sondern
  • aufgrund objektiver geschlechtsneutraler Kriterien wie z.B. Berufserfahrung oder besonderen Qualifikationen.

Selbst wenn der Arbeitgeber sowohl der Frau als auch dem Mann zunächst ein gleich hohes Entgelt angeboten hat, reicht es dem BAG gerade nicht aus, wenn der Arbeitgeber behauptet oder gar beweisen kann, das höhere Entgelt für den männlichen Arbeitnehmer sei nur zustande gekommen, weil dieser in den Verhandlungen ein höheres Gehalt gefordert hat als die Frau.

Denn die vermeintlich bessere Verhandlungsfähigkeit von Männern stellt demnach keinen objektiven Differenzierungsgrund dar.

Die Vermutung ist durch das BAG auch nicht dadurch widerlegt, wenn der männliche Arbeitnehmer für eine ausscheidende Arbeitnehmerin eingestellt worden ist, die auch bereits ein höheres Gehalt hatte.

Wenn der Arbeitgeber sich in diesem Verfahrens darauf berufen haben sollte, ohne dieses höhere Gehalt  des Mannes hätte man niemanden einstellen können, so hätte er dann aber zumindest wohl beweisen müssen, wie lange die Stelle deshalb nicht besetzt werden konnte, wieviele Bewerber und Bewerberinnen die Stelle wegen des zu niedrigen Gehalts abgelehnt haben und dass die Stelle ansonsten nicht hätte besetzt werden können. Das ist wohl vorliegend wahrscheinlich nicht geschehen, was ich aber nur vermuten kann.

Gibt es jetzt keine Differenzierungsmöglichkeit mehr?

Nun habe ich schon mehrmals gelesen, dann seien ja Gehaltsverhandlungen gar mehr relevant und damit seien Lohndifferenzen nicht mehr möglich.

Gehaltsverhandlungen sind natürlich weiterhin relevant und es entspricht nicht den Tatsachen, dass Lohndifferenzierungen zwischen Männer und Frauen mit der Entscheidung des BAG nicht mehr möglich sind. Sie sind im Sinne der Entgeltgleichheit nur nicht mehr so einfach möglich und der Arbeitgeber hat weitere Hürden zu beachten, die nicht mehr so leicht zu überspringen sind.

Können Arbeitgeber bei gleicher oder gleichwärtiger Tätigkeit von Frauen und Männer die anderweitige Vergütungshöhe sachlich und nachvollziehbar begründen und beweisen, können auch weiterhin unterschiedliche Gehälter gezahlt werden.

Der sachlichen Grund für die Differenzierung, der aber eben keine diskriminierenden Aspekte beinhalten darf, bleibt auch im Grundsatz weiterhin bestehen. Erforderlich sind aber

  • objektive Kriterien,
  • die auf einem legitimen Ziel beruhen und
  • die zur Erreichung dieses Ziel geeignet sind.

Das EntgTranspG nennt in § 3 Abs. 3 S. 2 hierzu „arbeitsmarkt-, leistungs- und arbeitsergebnisbezogene Kriterien“. Das Dienstalter zählt lt. BAG dazu. Aber es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG in den Urteilsgründen hierzu näher äußert.

Folgen der Entscheidung zur Entgeltgleichheit

Die Hürde, die für Arbeitgeber besteht, wurde damit erhöht und genau an diesem Beweis der objektiven Kriterien werden viele Verfahren dann wahrscheinlich scheitern. Und dies bereits deshalb, weil solche durch die Arbeitgeber nicht ausreichend dokumentiert sind. Das wird ja allzu oft vergessen.

Wer hieran jetzt spart und kein Augenmerk hierauf legt, wird es nachher wohl teuer bezahlen. Nicht nur, dass dann Entschädigungen nach AGG gezahlt werden müssen, die derzeit ja mit ausgeurteilten € 2.000,00 noch überschaubar sind, sondern das Entgelt muss dann auch nachgezahlt werden und das könnte in einigen Fällen teuer werden.

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