Einmal im Jahr trifft es jeden Anwalt

Mandant ist nicht gleich Mandant und nicht nur von den Kenntnissen und dem Verhalten des Anwalts hängt der Erfolg einer Sache ab. Vielmehr ist der Anwalt auch auf die Mitarbeit des Mandanten angewiesen, auf dessen Wissen, Informationen, Unterlagen etc. Es gibt Mandanten, die würde man als Anwalt gerne klonen: Sie sind bei der ersten Besprechung bereits optimal vorbereitet: Sie haben alle Unterlagen dabei, die sie gebeten wurden mitzubringen und haben diese auch sogar bereits zeitlich geordnet und z.T. sogar bereits für den Anwalt kopiert- auch wenn das sicherlich nicht nötig wäre, es freut.

Sie haben auch sonst alle Unterlagen mitgebracht, sollten diese u.U. wichtig werden. Sie beantworten alle Fragen umfassend, aber nicht ausschweifend, sie lassen auch nichts weg, was für sie unvorteilhaft sein könnte. Sie lassen sich auch gerne erklären, warum und weshalb bestimmte Ansprüche u.U. nicht bestehen und vertrauen ihrem Anwalt, dessen Fachwissen und dem vorgeschlagenen weiteren Vorgehen. Sie sind für den Anwalt erreichbar und wenn sie schriftlich oder telefonisch um Stellungnahmen oder Unterlagen oder Zeugenadressen gebeten werden, so muss man nicht noch drei Mal daran erinnern. Sie zahlen Rechnungen pünktlich und sie bedanken sich sogar, wenn der Anwalt die Arbeit erfolgreich abgeschlossen hat.

Das sind Mandanten, die ich als Anwalt liebe und mit denen die Zusammenarbeit richtig Spaß macht. Ich habe z.B. einige Mandanten, die ich über längere Zeit bereits betreue, die schicken mir nur noch die Unterlagen, erläutern mir kurz die Situation und schreiben dann: Wir vertrauen Ihnen, machen Sie was Sie für richtig erachten. Falls Sie noch Informationen benötigen, rufen Sie uns einfach kurz an. Das erfreut das Anwaltsherz. Aber dann gibt es auch die Mandanten, bei denen man sich fragt, warum sie eigentlich zu einem Anwalt gehen.

Gottseidank sind diese selten, aber es gibt sie. Sie sind davon überzeugt, dass die Kenntnis von Recht, Gesetz und Rechtsprechung doch wohl nicht so schwierig ist, denn schließlich kann man das im Internet ja alles nachlesen. Sie erzählen, soweit ihnen hierzu Raum gelassen wird, in epischer Breite die Einschätzung der Situation – natürlich nebst der rechtlichen Bewertung – und übergeben dann eine mehrseitige Zusammenfassung der Rechtsprechung zu ihrem Thema, wohlgemerkt inklusive Handlungsanweisung für den Anwalt. Bereits in diesem Moment schwant dem Anwalt nichts Gutes.

Aber spätestens bei der Aussage des Mandanten: „Denn was zu tun ist, ist ja klar, aber mit der Unterschrift eines Anwalts hat das einfach mehr Gewicht“, ist dem Anwalt klar, das gibt Ärger. Und die weitere lapidare Bemerkung: „Schließlich muss es doch einen Anwalt geben, der mein Recht durchsetzt. Ich war bereits bei zwei anderen Anwälten, aber die sind ja offensichtlich schlecht und deshalb habe ich ihnen kein Vertrauen geschenkt“ führt den Anwalt spätestens dazu, das Mandat eigentlich nicht mehr übernehmen zu wollen, selbst wenn der Anspruch bestanden hätte, was man anhand der ausschweifenden Aussagen des Mandanten, auf den Kern gebracht, aber bereits ausschließen konnte. Erläutert der Anwalt, immer noch ruhig und gelassen, trotz der zahlreichen und oft auch nicht leisen Einwürfe des Mandanten, dann aber die eigentliche Rechtslage, die im Übrigen wenig mit der Rechtsansicht des Mandanten gemein hat, so fühlt sich der Mandant aufgefordert, den Rechtsanwalt zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass man den Anwalt schließlich zahle, dafür könne man schon etwas erwarten.

Sollte der Anwalt dann gar die Ansicht äußern, der Anspruch sei nicht vorhanden und so gerne man helfen wolle, man sehe einfach keine Rechtsgrundlage in dieser Situation, sieht der Anwalt bereits die Halsschlagader des Mandanten gefährlich wachsen und überlegt, wer sich noch alles in der Kanzlei befindet, der ihm rettend zur Seite springen könnte, würde er laut um Hilfe rufen. Und die Aussage des Anwalts, dessen Einschaltung würde nur unnötige Kosten verursachen, die der Mandant auch noch tragen müsse, hilft da natürlich nicht weiter. Sie trifft eher auf Unverständnis –  denn schließlich bestehe ja eine Rechtsschutzversicherung, die zahle doch immer.

Der Mandant könne ja nicht zahlen, er habe schließlich die e.V. abgegeben. Die Solidargemeinschaft freut sich, schießt da dem Anwalt durch den Kopf und dass die bestehende Versicherung garantiert nicht zahlt, weil man bereits der dritte Depp ist, bei dem der Mandant sitzt. Und die e.V. tut das Übrige um zur Laune des Anwalts beizutragen. Zumal er sich bereits über sich selbst ärgert, hatte er nicht bereits bei der Terminsvereinbarung ein komisches Bauchgefühl? Weigert sich der Anwalt dann schließlich schlichtweg das Mandat zu übernehmen, wird er auch noch beschimpft und es wird angedroht, dies öffentlich bekannt zu machen, Portale dafür gebe es ja schließlich ausreichend. In diesem Moment hofft der Anwalt, er träume schlecht…. Was leider dann nicht der Fall ist. Damit hat der Anwalt wohl den irren Mandanten des Jahres hinter sich gebracht und kann sich dahingehend entspannt zurück lehnen.

Er hat jetzt wieder was zu erzählen aus der Rubrik: Einmal im Jahr trifft es jeden Anwalt…